Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Samstag, 10. Januar 2015

Soziale Infrastruktur V – Müllentsorgung und Recycling


Müllabfuhr, Wertstoffverwertung und Straßenreinigung in der römischen Antike

Müllentsorgung und Wertstoffverwertung ist ebenso wie die Müllabfuhr und Straßenreinigung im antiken Rom nur durch einzelne ad-hoc-Gesetze reglementiert. Während im Stadtgebiet grundsätzlich nachts der Wagenverkehr verboten ist, werden Müllwagen extra davon ausgenommen (→ Tabula Heracleensis 66-67). Thüry 2001 glaubt jedoch weniger an eine städtische Müllabfuhr in unserem Sinne als vielmehr an private Abfallfuhren, wozu der Hausbesitzer von den Behörden verpflichtet oder auf Eigeninitiative tätig wird (ebd., S. 6-8). Mit Hilfe von Karren wird größerer Müll auf die nächstgelegene Deponie am Ortsrand gebracht (→Thüry 2001, S. 31; 43), zum Teil wohl abgefackelt und dann mit frischem Sand bedeckt. Gegen stärkeren Zersetzungsgeruch wird Kalk gestreut (ebd., S. 45). Manches fällt herab und landet auf der Straße - sei es von Müllwagen, Ochsengespannen oder den Tieren selbst. Als technische Gegenmaßnahme ist in Rom literarisch und Pompeji archäologisch belegt, dass aqua caduca, überzähliges Fließwasser aus den Verteilern der städtischen Wasserversorgung (den Kastellen der Druckleitungen) und der Ablauf öffentlicher Brunnen zur Spülung des Straßenpflasters genutzt wird, dass schließlich in die Kanalisation abfließt (→ Thüry 2001, S. 15). Hohe Trittsteine in Art eines Zebrastreifens ersparen nasse Füße (ebd., S. 17). Als ich Paris lebte, arbeitete die Straßenreinigung des 13 Arrondissements fast genauso: Morgens legten die Mitarbeiter Schläuche auf den Boden sowie Putzlappen vor die Gullyöffnungen, ließen das Wasser lange Strecken „bergab“ laufen, und vertrauten auf die Selbstreinigungskräfte des Wassers – ganz ohne je beim Schrubben gesehen zu werden… Loser Haus-Müll wird in Rom meist durch das WC entsorgt (Spülkanal, vgl. Thüry 2001, S. 13). Obwohl strengstens verboten (→ Digesten 9,3., Thüry 2001, S. 17), werfen manche Leute ihren Müll (und bisweilen sogar den Inhalt ihres Nachttopfs oder direkt ihrer Blase oder ihres Darms) einfach auf die Straße, wo im günstigsten Fall alles durch Gitter und Gullydeckel in die Kanalisation geschwemmt wird. Nur die großen Hauptkanäle werden in unregelmäßigen Abständen gewartet. Auf der Inschrift der Tafel von Heraclea liest man, dass die Anwohner für alle Abflusskanäle, die vom eigenen Haus wegführen, bis zum Übergang zum Hauptkanal für Reinigung und Reparatur zuständig sind (→ Tabula Heracleensis 20). Ebenfalls zuständig sind die Anwohner für das Reinhalten ihres Straßenabschnittes, sozusagen als antiker Vorläufer der schwäbischen Kehrwoche – die Ädile sind nur als oberste Aufsicht für die Straßenreinigung zuständig: Wird die „Kehrwoche“ nicht erfüllt, wird der Straßenabschnitt von den Behörden zur Reinigung ausgeschrieben, zu Lasten der Anlieger (vgl. Thüry 2001, S. 13-16).
Als rediviva- Recycling fischen canalicolae, verzweifelte arme Römer, gebrauchte Gegenstände aus den Abwasserkanälen, um ihr Einkommen aufzubessern (vgl. ebd., S. 12; 57), werden Fäkalien und Grünmaterial als Dünger verkauft, vor Wäschereien und Gerbereien Amphoren aufgestellt, mit denen man Urin zur Ammoniakgewinnung sammelt, Müllberge im Baugewerbe zum Planieren und Trockenlegen verwendet und arme Verstorbene nicht in Särgen sondern in alten Amphoren mit abgebrochenem Hals, Konstruktionen aus alten Dachziegeln oder bestattet sowie in Ascheurnen aus alten Suppenterrinen und Salatschüsseln (ebd., S. 56-58).

Zur antiken Infrastruktur gibt es auch die Posts über
sowie um Bildung & Kultur.

Sonntag, 4. Januar 2015

Soziale Infrastruktur IV - Bildung und Kultur

Antikes Rom: Wissenschaft und Bildung
  • Kulturelle Einrichtungen mit Ausstellungsräumen, öffentliche Bibliotheken, Museen etc. gibt es im antiken Rom lange nicht. Hier ist man von Freunden (amici) abhängig, deren Werke man ausleihen oder durch einen schreibkundigen Sklaven kopieren darf. Erst Caesar plant die „Gründung möglichst vollständiger öffentlicher Bibliotheken griechischer und lateinischer Schriftwerke“, wie Sueton berichtet (→ Suet.Iul.44). Marcus Terentius Varro, der große Universalgelehrte seiner Zeit, wird mit der Anschaffung und Kategorisierung betraut (ebd.), doch verschieben Caesars Ermordung und die Bürgerkriege solche Projekte in die Kaiserzeit. Ein Copyright existiert nicht, in den Ständen der Via Sacra findet man deshalb massenhaft billige Kopien für die breite Masse. Spezialisierte Händler bieten wertvollere Exemplare an, hochwertigerer Papyros in schönerer Schrift einer kundigeren Hand sowie kostbare Bücher. Die meisten nobiles machen aber zumindest ihren Standesgenossen und manchen verdienten Klienten ihre sehr umfangreichen privaten Sammlungen zugänglich. Bereits bei den maiores, den illustren Vorfahren, kommt bei den vielen Kriegszügen und Statthalterschaften über die Provinzen viel Kulturgut zusammen, auch durch die vererbten Patronate über fremde Städte und Völkerschaften erhält man regelmäßig eine „Geste des Wohlwollens“ der Klienten. Kultivierte Geschenke unter Freunden und private Sammellust tun ihr übriges. Auf öffentliche Museen für alle muss der normale Bürger bis in die Neuzeit warten.
  • Auch ein staatliches Bildungssystem fehlt, Bildungseinrichtungen mit Bibliotheken, Schulen, „Universitäten“, „Fachhochschulen“ und „Forschungseinrichtungen“ bleiben privater Natur: Naturwissenschaften und Technik zählen noch zur Philosophie und werden auf höchstem Niveau nur in den berühmten griechischsprachigen Zentren des östlichen Mittelmeers gelehrt, die alle jungen Wissenschaftler anziehen, die sich wirklich für Ingenieurskunst, Mathematik, Physik und Architektur begeistern, auch viele junge Römer. Unter den ptolemäischen Herrschern übertrumpft Alexandria mit seiner gigantischen Bibliothek bald Athen und wird so berühmt wie Harvard, MIT (TU Massachusetts), Oxford und Cambridge zusammen.