Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Samstag, 1. August 2015

Leben und Lieben im alten Rom II: Sitten & Sittengesetzgebung (I)


male mas, vir mollis, vir vere Romanus, virtus - Rollenbilder im alten RomZur traditionellen Vorstellung eines Mannes gehört vor allem Tatkraft und Energie, wie schon der Begriff vir-tus lehrt (Männlichkeit, Tugend, Männliche Energie… - so wie ein Mann sein soll. Verweichlichen und Verweiblichen ist dasselbe: ef-femināre. Alles, was ein Mann tut, ist erlaubt, solange er dabei aktiv ist. Wehe der Frau die nicht passiv ist – die aktive Frau ist seit den Griechen mit der Horrorvorstellung und dem Schimpfwort tribas belegt, vorrangig ein Schreckbild der Gesellschaft des klassischen Athens, wo die Kette tatsächlich zu kurz scheint, wenn die Frau im Wohnbereich auftaucht. Ehefrauen dürfen dort keinesfalls bei Tisch einer geselligen Runde erscheinen, sie müssen sich im oberen Stockwerk bei den Kindern aufhalten und sind nicht einmal geschäftsfähig. Nur beim Erzfeind Sparta trainieren die Mädchen von klein auf Sport und „managen“ Heim und Hof auch wirtschaftlich völlig eigenverantwortlich, während ihr Spartiaten-Ehemann in der Kaserne oder fern im Krieg weilt. Doch in Sparta wird mehr gehandelt als geschrieben und so ist die Leitkultur für kultivierte Römer diejenige der Athener, die sich (zumindest in überlieferten Komödien) vor den selbstbewussten Spartanerinnen fürchten. Ein Stück weit färbt das Weltbild Athens über seine weltberühmten Schriftsteller und Gelehrten auf die Römer ab.
Aber auch allzu romantische Männer sehen sich schnell der Kritik ausgesetzt. So hat der Dichter Catull in carmen 16 die derbste Antwort an seine Freunde parat, die je in ein Gedicht gegossen wurde: Trotz seiner milia multa basiorum, der „vielen tausend Küsse“ seiner Gedichte, sei er immer noch ein ganzer Kerl -der auch mit Kraftausdrücken um sich zu werfen versteht-, kein male mas, ein Weichei oder einen Softie wie der tabubrechende vir mollis der elegischen Dichter. Aber das elegische System mit dem Grundsatz make love not war bricht generell und auf breiterer Basis mit den traditionellen Vorstellungen, wie ein Mann sein Leben zu führen hat.
Religiöse oder kirchliche Regelungen und Vorschriften für Sexualität und Liebe gibt es im alten Rom nicht – also auch keine heutige kirchliche Moral – nur den pater familias und die Wahrung des Ehegelübdes. Sex gilt als natürlich und entspannend. Männer sollen ruhig vor der Ehe sexuelle Erfahrungen sammeln - auch bei Prostituierten. Kostengünstiger kann man sich bei seinen Sklaven bedienen (weiblichen wie männlichen, aber Hauptsache, der Höhergestellte nimmt die aktive Rolle ein).
Entsprechend dem traditionellen Frauenbild sammelt die Ehefrau keine Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht sondern übt vor allem Treue. Die Grabinschrift einer Claudia (ca. 150 v. Chr.) zeigt, worauf es ihrem Mann ankommt (CIL VI 1534): Sie liebte ihren Mann und gebar zwei Kinder. Das ultimative Lob will er ihr zukommen lassen, indem er folgendes angibt: domum servavit, lanam fecit – sie blieb zu Hause und spann [brav] Wolle. Dies preisen auch andere Grabinschriften recht stereotyp, wie auch CIL VI 11 602: lanifica, pia, pudica, frugi, casta, domiseda – wollespinnend, fromm, schüchtern, fruchtbar, sittsam, zuhausesitzend. Kurz: Heimchen am Herd, Mutter, treubrave Couch-Potatoe.
Gegen Ende der Republik wird aber immer mehr abweichendes Verhalten von dieser Normvorstellung überliefert. Über Augustus schreibt Sueton, dass er seine Tochter und Enkelinnen „so streng erzog, dass er sie sogar zum Wollespinnen anhielt“ (Suet.Aug.64) – ein Beweis, dass dieses Frauenbild bereits als stark veraltet angesehen wird. Doch scheinen sich „angesehene Bürger“ und Konservative über zärtliche Männer und selbstbewusste Frauen noch immer den Mund zu zerreißen…
Hier geht’s zu
Sittengesetzgebung  im alten Rom
Wen Interkationen zwischen Römern und Römerinnen
noch genauer interessieren, der lese weiter nach bei
S. Gerlinger, Virtus ohne Ende? Zum Rollenverständnis zwischen Mann und Frau, in: A. Heil / M. Korn / J. Sauer (Hrsg.), Noctes Sinenses. Heidelberg 2011 (ISNB 978-3-8253-5843-3)

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