Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Mittwoch, 28. Dezember 2016

II. Wie viele Sterne am Himmel ziehen, gibt es Mädchen in Rom zu sehen - Leseprobe aus Buch I "Einzig Corinna"

Als Textprobe hier ein Auszug aus dem zweiten Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovid – Einzig Corinna" (→ zum ersten Kapitel).
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich freuen!

Kapitel 2:
Wie viele Sterne am Himmel ziehen, gibt es Mädchen in Rom zu sehen:
Fundstellen & Befund
Am nächsten Tag erwachte Naso mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. So gut geschlafen hatte er schon lange nicht mehr. Er öffnete die Fensterläden, die munter in ihren Holzangeln quietschten. Die Septembersonne drang hinein, zugleich mit einem Strom frischer Luft. Es hatte sich deutlich abgekühlt. Naso fröstelte.
»Vielleicht sollte ich doch zu den Thermen, ein schönes heißes Bad…? Hm, nein! Keine Zeit...« entschied er nach kurzem Nachdenken.
Er hatte zu tun. Das erste Gedicht stand, doch sollten noch weitere folgen. Liebesdichtung... Nur worüber sollte er schreiben?
Publius Ovidius Naso - amores 1,2: Fundstellen und Befund einer Liebe
»Wenn ich bedeutender Liebesdichter werden will, dann muss ich wohl zuerst ein Mädchen finden, das es wert ist.«
Naso zog sich die Tunika über den Kopf.
»Kann ja nicht so schwer sein...«
Er suchte und fand seine Tonschüssel in der Ecke. Prima, in der Amphore war auch noch genug, er musste also nicht runter zum Wasserholen. Jedenfalls jetzt noch nicht. Er goss sich das kalte Wasser über den Kopf und begann, sich notdürftig zu waschen.
»Brrr! Ist das kalt! Kalt wie das Wasser im Frigidarium. Hm… mir ein Mädchen zu suchen, dem ich aus ganzem Herzen sagen kann ʺdu gefällst mir als einzigeʺ… So etwas habe ich noch nie getan. Wäre das nicht schlimmer als ein Sprung ins Becken des Frigidariums? So ein Mädchen wird kaum vom blauen Himmel herabgeschwebt kommen... Vielleicht erst einmal Theorie, dann die Praxis - wie in der Ausbildung zum Rechtsgelehrten?«
[…]
[Naso versucht es gleich mit der Praxis und sammelt einen Korb nach dem anderen. Am nächsten Tag gönnt er sich einen Theaterbesuch.]
Als Naso die Treppe zur Zuschauertribüne emporstieg war er überwältigt. Wie Ameisen durcheinander wimmeln, oder Bienen die Blumen und Thymianspitzen umschwärmen, so schienen sich die Ränge unaufhörlich zu füllen: Schwärme fein herausgeputzter Frauen aus unzähligen Aufgängen – und nur wenige mit Begleiter. Wie viele Zuschauer das Halbrund der cavea noch fassen konnte? Zehntausend oder gar Vierzigtausend? Auf jeden Fall ein gewaltiger Bau.
[…]
[Doch auch im Theater erhält Naso nur vernichtende Ablehnung auf seine Anmachsprüche.]
Naso nahm sich ein Herz und auf einer anderen Sitzbank Platz. Wäre doch gelacht, wenn es bei einem anderen Mädchen nicht besser liefe!
Da drüben! Der Mantel einer jungen Dame war zu Boden geglitten:
„Sieh, deine Palla, sie liegt am Boden - darf ich?- ich hebe …“
Entrüstetes Abrücken.
Doch so schnell gab Naso nicht auf. Solange es noch weitere Zuschauerinnen gab, gab es weitere Möglichkeiten:
„Sei doch -ich bitt‘ dich- mal anders! Sag nicht wie andere ʺNeinʺ!“
Kicherndes Kopfschütteln. Immerhin…
„Haben wir etwas gemeinsam? Mag ich doch hübschere Frauen. Bist eine ganz hübsche Frau: Kann das ein Zufall noch sein?“
Desinteressiertes Lächeln.
„Würdest du mir schnell den Weg - zu deinem Herzen aufzeigen?“
„Ach, lass mich in Ruhe!“
„Küssen heißt sprechen: Die Sprache der Liebe. Komm‘ her und sprich mal!“
Erste Ohrfeige.
„Ich hab ‘nen trockenen Mund! Kannst du mir die Zunge kurz leihen?“
Zweite Ohrfeige
Naso musste sich erst einmal setzen. »Warum übertragen sich eigentlich nur Schmerzen so direkt über eine Berührung – Schmerzen und Krankheiten?«, grübelte Naso, als er sich seine gerötete Wange hielt. »Es wäre doch viel besser, wenn auch die Liebe sich auf diese Weise übertragen ließe. Ein Liebender berührt die Auserwählte und schon… Dann hätte eine Ohrfeige wenigstens einen Sinn…«
„He, sieh mal Cynthia! Es ist doch unser Freund Naso, der hier einen Korb nach dem anderen sammelt!“
Überrascht drehte Naso sich um.
Ein paar Bänke hinter ihm, lässig auf der Sitzbank zurückgelehnt, winkte ihm ein Pärchen zu. Beide strahlten um die Wette.

Freitag, 9. Dezember 2016

calceī, soccī, caligae - Schuhe, Socken & Sandalen (Mode und Körperpflege IX)

Bereits steinzeitliche Jäger wissen ihre Füße zu schützen, Kelten lieben vor allem Bund- und Schnabelschuhe. Von klassisch-griechischen Schuh-Modellen sind 82 Namen überliefert (→ vgl. Hurschmann 2001-3, Spalte 254) und in Rom kommen noch einmal etliche hinzu. Es herrscht ein riesiges Angebot an (Halb-)Schuhen, Stiefeln, Sandalen und Pantoffeln zu unterschiedlichstem Gebrauch und Preis und in den vielfältigsten Farben, Formen und Materialien.
Sohle einer caliga mit eisernen Nägeln (clavus, clavi, m.)  beschlagen
caliga with nails ©Matthias Kabel 2005 CC BY-SA 3.0
Der sprachlich geläufigste römische Schuh ist der calceus (auch calcius) ein Halbstiefel, der den ganzen Fuß oft bis zum Knöchel bedeckt und auch ganz geschlossen sein kann, (→vgl. Gell.13,21-22). Sprichwörtlich bedeutet calceōs poscere (wörtlich: die Schuhe fordern) vom Tisch aufstehen. Dabei bevorzugen nicht nur Frauen eine bequeme, teure, weiche und geschlossene Version, Patrizier (calceus patricius), Ritter (calceus equestris) und Senatoren (calceus sēnātōrius) zeigen ihren gehobenen sozialen Stand durch besondere Formen von calceī in dominanten Rottönen.
Als bequeme Halbschuh-Sandale mit von Ösen durchbrochenem, an der Ferse geschlossenem Seitenleder trägt man crepidae, deren Sohlen mit Nägeln verstärkt sind.
Sehr beliebt ist auch die solea, die „SchnürSOHLE“: eine besonders luftige Sandale mit lediglich einem Mittelsteg vom Zehenansatz zur Knöchelmitte, der oben und unten mit einem Riemen zur flachen Sohle gehalten wird.
Im römischen Heer benötigt man wegen des ständigen Marschtrainings besonders haltbares Schuhwerk, die caligae, die als typischer Arbeitsschuh auch von Bauern und Arbeitern getragen werden: hoch geschnürte genagelte Sandalen mit Riemen und Laschen, auch „Soldatenstiefel“ genannt. Sie werden aus einem einzigen großen Lederstück gefertigt, die Sohle verstärkt und mit relativ abriebfesten Eisennägeln (clāvī) ausgestattet, die zugleich ein gutes Profil mit ergonomischer Unterstützung ergeben. Wegen der großen Marschleistung müssen auch diese Nägel gelegentlich ersetzt werden, so dass sich eine große Zahl von ihnen bis heute erhalten hat. Offiziere schlüpfen jedoch in lieber calceī in geschlossener Stiefel-Version – natürlich individuell angefertigt statt Massenproduktion und daher etwas teurer.

Montag, 7. November 2016

I. Waffen in wuchtigem Takt - Leseprobe aus Buch I "Einzig Corinna"

Als Textprobe nun ein Auszug aus dem ersten Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovid – Einzig Corinna". Die eckige Klammer „[...]“ soll anzeigen, dass jeweils eine oder mehrere Szenen fehlen.
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich freuen!
Kapitel 1:
Waffen in wuchtigem Takt: Aller Anfang ist gravis
P. Ovidius Naso poeta et horror vacui - arma gravi numero
Von links drang der Schrei eines Säuglings durch die Wand, von rechts das Gezeter eines streitenden Pärchens. Eingezwängt zwischen beiden Wänden, raufte sich Naso die Haare.
Kleine Schweißtröpfchen lösten sich und perlten hinab. In ihrem winzigen Inneren spiegelte sich der Widerschein des flackernden Öllämpchens.
Tiefe Nacht hatte sich über die Stadt ergossen. Trotzdem herrschte noch immer eine drückende Hitze. Eigentlich viel zu heiß für einen Septemberabend. Selbst in Rom.
Mit leisem Ticken trafen die Tröpfchen das Wachs, feuchte Buchstaben, die kurz davor schienen, in der Hitze zu zerfließen. Wässrig glänzten sie auf blutrotem Belag. Hätte Naso kein Diptychon mit besonders hoher Beimischung von Ruß benutzt, nichts würde sie davon abhalten. Der Inhalt am allerwenigsten, dafür passte er zu gut zu Asche...
Verdrossen nahm er sein Täfelchen hoch und las, was er soeben ins Wachs gekratzt hatte:

Waffen in tödlicher Zahl und gewaltige Kriege besingen,
     das ist mein Ziel und davon kündet der Dichter gar viel

Er rollte seine Augen und nahm einen tiefen Schluck aus dem Tonbecher. Dann stellte er ihn auf seinen Tisch zurück. Auf dem wurmstichigen Holz türmten sich Wachstäfelchen und Schriftrollen. Es wackelte bedenklich. Unabsichtlich streifte Naso ein paar Papyrusrollen, die leise raschelnd zu Boden glitten. Der Fusel schmeckte bitter. Doch schenkte Naso dem keine Beachtung.
Weitaus bitterer schmeckten ihm seine vergeblichen Dichtversuche. Schon wieder hatte sich einer dieser verdammten Pentameter eingeschlichen! Und überhaupt… ʺdas ist mein Ziel und davon kündet der Dichter gar vielʺ? Von wem stammte dieser unrhythmische Mist? Konnte das wirklich von ihm sein?

Mittwoch, 2. November 2016

Vesta & Investment II: Die Geschäfte der Flavia Publicia

FLAVIAE PUBLICAE V[IRGINIS] V[ESTALIS] MAXIMAE IMMVNIS IN NAVCELLA MARINA CVMBVS PORT[V]ENSIS PARASEMO PORPHYRIS EUDROMUS [SERVUS]
1: Originalfund: Zollfreiheit & Porträt der Flavia Publicia (Bild: Autor)
Was macht eine Vestalin die ganze Zeit, bis sie 30 ist? Heilige Handlungen, Wasser holen, das heilige Herdfeuer bewachen, brav und züchtig sein? Zumindest beim züchtig sein gibt es immer wieder einmal Zweifel und einen Prozess (z.B. Fabia, der man vorwirft, die heimliche Geliebte des gutaussehenden Patriziers und späteren Rebellenführers Catilina zu sein, oder Licinia, der man vorwirft, dem reichen Crassus zu nahe gekommen zu sein – beide wurden frei gesprochen).
Doch kann eine Vestalin bereits vor Dienstende ihre zahllosen Privilegien nutzen: Außer auf reservierten Sitzplätzen im Theater und Circus zu sitzen, stürzen sich andere bereits ins Geschäftsleben, da sie als virgines vestales die volle Geschäftsfähigkeit erhalten haben und nicht mehr vom pater familias abhängig sind.
FLAVIAE PUBLICAE V[IRGINIS] V[ESTALIS] MAXIMAE IMMVNIS IN NAVCELLA MARINA CVMBVS PORT[V]ENSIS PARASEMO PORPHYRIS EUDROMUS [SERVUS]
2: Rekonstruktion: "Reisepass, Schiffspapiere und Zollfreiheit"
Eine Vestalin, die dies in großem Stil betreibt, ist die Vestalin und Virgo Maxima Flavia Publicia. Sie unterhält eine große Anzahl Transportfahrzeuge, investiert in den Überseehandel und baut sogar eine eigene Handelsflotte – und zwar in solch großem Stil, dass sich mehrere archäologische Zeugnisse ihre Unternehmungen bis heute erhalten haben. Geschäftstüchtig wie sie ist, hat sie jeweils Steuerbefreiungen für sich herausgeschlagen, welche sie natürlich immer mit dabei hat - inklusive „Reisepass mit Lichtbild“ und Fahrzeugpapieren, wie sie 2007 für eines ihrer Schiffe ausgegraben wurden (heute zu bewundern im Museum von Sassari / Sardinien: Eigene Aufnahme, Bild1 und meine Rekonstruktion, Bild2: FLAVIAE PUBLICAE / V[IRGINIS] V[ESTALIS] / MAXIMAE / IMMVNIS / IN NAVCELLA MARINA CVMBVS PORT[V]ENSIS / PARASEMO PORPHYRIS EUDROMUS [SERVUS]). Ihr Geschäftsbereich dürfte mehre Fuhrunternehmen umfassen, gleich mehrere Plaketten mit Steuerbefreiungen ihres Fuhrparks sind erhalten (z.B. die besonders gut erhaltenen Stücke → CIL VI, 2147=CIL XV 7126 im Vatikanischen Museum und die Plakette mit der Inventarnummer 23.160.50 aus dem Metropolitan Museum of Art).
Flavia Publicia kümmert sich dermaßen gut um ihre Geschäftspartner, dass sie nicht nur eine Fülle von Weiheinschriften von ihnen erga se benevolentiam gestiftet bekommt, sondern sie bekommt sogar den wohl nur für sie geprägten Titel eines weiblichen Patrons zuerkannt, patrona (→ CIL 6.32418), ein reiner Männerjob des (recht mafiaähnlich organisierten) Vorstandes eines großen Familien-Clans bzw. Familienunternehmens. Wie es den Anschein macht, haben sich ihre Investment-Projekte gut ausgezahlt.
Nun sind zwar auch andere Bronze-Täfelchen erhalten, die dem Orden oder auch persönlichem Besitz von Vestalinnen Steuerfreiheit attestieren, wie Pferde- bzw. Landbesitz der Calpurnia Praetextata in → CIL XV, 7127. Flavia Publicia aber schien scheint doch ein besonders erfolgreicher Finanzhai gewesen zu sein. Wer weiß, wie viele Ordensschwestern sie mit ihrem Faible für Finanzgeschäfte angesteckt haben mag…

Wie manche Vestalinnen nach ihrem Dienst noch zu Ehemännern und Kindern kommen können, steht hier:

Freitag, 14. Oktober 2016

maximis itineribus - Auf dem Marsch (mos et miles II)

Die römische Armee befindet sich beinahe täglich auf dem Marsch und das nicht nur der Fitness wegen: Große Beweglichkeit ist überaus effektiv, um dem Gegner zuvorzukommen und strategische Positionen zu besetzen. Caesar gelingt es z.B. im Bürgerkrieg in Spanien, seine Gegner mit schnellen Märschen derart in Grund und Boden zu manövrieren, dass sie bereits vor der richtigen Schlacht kapitulieren müssen, → z.B. Caes.Civ.1,78-85.
Centuria iter quadruplex / Centurie
Centuria in 4er-Reihe ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0 de cb
(Nur 100 von bis zu 6.000 Mann einer Legion)


Dabei verlangt bereits ein geregelter Abmarsch viel Übung: In Reihen von 2-4 Mann benötigt schon eine Hundertschaft (centuria, 80-100 Mann Sollstärke) 20-25 Reihen, eine Kohorte (cohors, max. 600 Mann) 6 Mal so viel, eine Legion (legio, 4.800-6.000 Mann) mit dem 60-fachen 1.500 Reihen. So wird der Heereszug der drei Legionen des Varus auf gut 9km geschätzt, vom vordersten bis zum hintersten Mann. Damit die Nachhut nicht stundenlang wartet, muss die Startaufstellung für einen zügigen und relativ synchronen Anmarsch sowie nach Pausen oft trainiert und gut auf die Signalbläser und Standartenträger der eigenen Einheit geachtet werden.
Das schafft Routine, den jungen Soldaten kommt auf dem ersten Feldzug so vieles sehr vertraut vor. Nicht umsonst üben die Rekruten komplexe Marschformationen in Reih und Glied bis zum Abwinken und auch im Krieg wurden Koordination, Muskeln und Kondition der Soldaten trainiert. Dadurch sind es römische Einheiten gewohnt, sich sehr schnell zu bewegen und große Strecken ohne Überanstrengung zurückzulegen. Die große Mobilität der römischen Armee hilft im Krieg, Probleme bei Vorratshaltung und Nahrungsmittelversorgung zu begrenzen: Wer zügig vorankommt, verbraucht unterwegs weniger Proviant und lässt sich bei Lebensmittelknappheit schnell dorthin verlegen, wo mehr zur Verfügung steht.

Marschordnung

Wer läuft vorneweg? Natürlich nicht der Feldherr und die Offiziere – nicht einmal die einfachen Römer selbst. Für die verwundbarsten Punkte der Marschsäule setzt man traditionell auf extraordinarii bzw. auxiliarii, nichtrömische Hilfstruppen, darunter die Plänkler und Wurfschützen (ferentarii). Diese bilden normalerweise die Vorhut, bei Gefahr eines rückwärtigen Angriffs werden sie nach hinten als „Nachhut“ eingeteilt. Hierunter befinden sich auch die „einheimischen“ Truppen des jeweiligen Kampfgebietes in römischen Diensten. Dann kommt der rechte Flügel socii (Bundesgenossen, Italiker seit 89 v. Chr. mit römischem Bürgerrecht), gefolgt von den römischen Legionären. Zuletzt folgt der linke Flügel der socii, in einem Hinterhalt könnte ja auch von Hinten Gefahr drohen. Die Reiterei kann entweder die Fußvolkeinheiten begleiten, die Flanken des Gepäcktrosses sichern oder die Gegend auskundschaften.
Die Kavallerie ist übrigens nur ganz zu Anfang „römisch“. Da römische Ritter sich vor allem um ihren sozialen Stand kümmern, den sie mit einem goldenen Ring und purpurnen Streifen auf ihrer Toga und Tunika zeigen, bleibt das Staatspferd, dessen Unterhalt sie sich leisten können, häufiger im Stall als auf militärischen Übungen auf dem Marsfeld. V.a. keltische Berufskrieger geben im Sattel ein besseres Bild ab. Ziemlich schnell setzen die erfolgsorientierten Römer schlagkräftigere ausländische Verbündete und Söldner ein, bald gibt es hier nur noch „Ausländer“ (Kelten, Germanen, Numider). Römische „Ritter“ findet man nur noch als Kommandeure.
In feindlichem Gebiet kann bei drohender Gefahr auf den Gefechtsmarsch umgestellt werden (agmen quadratum). Hierbei teilt sich die Infanterie und rückte in drei parallelen Säulen vor, den Gepäcktross zwischen den Reihen. So kann das ganze Heer bei einem überraschenden Angriff leichter in die übliche dreifache Schlachtordnung übergehen.
Zu Beginn, als jeder noch seine Ausrüstung selber zahlen muss, gibt es in jeder Legion noch drei Reihen mit unterschiedlicher Bewaffnung: Ganz vorne die nahezu besitzlosen leichtbewaffneten Plänkler ohne Rüstung (velites), die sich nach Abwurf ihrer Wurfspeere vor dem eigentlichen Aufeinandertreffen wieder hinter die eigenen Linien zurückziehen. Vorne in der ersten Schlachtreihe die Reichen principes als schwere Infanterie (Stoßlanze, Helm, Brustschutz, Großschild) einer griechischen Phalanx, dahinter die Ärmeren minderer Bewaffnung, als hastati (Lanze, Kleinschild, Helm und evtl. kleine Brustplatte) und die triarii, die Reichsten Bürger und altgedienten Veteranen als Reserve und Elite der schweren Infanterie mit den hochwertigsten Waffen (Stoßlanze, Helm, Brustschutz, gewölbter Großschild, Schwert).
Nach der marianischen Heeresreform und der Umstellung auf die beweglicheren Einheiten der Kohorten um 100 v. Chr. dienen dieses Namen nur noch zur weiteren Untergliederung der einheitlich bewaffneten cohors: drei Manipeln (manipulus, max. 200 Mann) hastati, principes und triarii zu je zwei Zenturien (max. 100). Genannt werden fortan nur noch die Kohorten (cohors, maximal 600 Mann) in 10 Einheiten pro Legion, alle standardgemäß als schwere Infanteristen bewaffnet (Helm, Panzerhemd, gewölbter Großschild, Kurzschwert, Wurfspeer).

Aus der Reihe mos et miles geht es hier↓ zu

I. tiroRekrutenausbildung im römischen Militär
II. maximis itineribus - Auf dem Marsch
III. fossa, agger et vallum - Lagerbau
IV. proelium – Die römische Armee im Gefecht
V. naves longae – Antiker Seekrieg
VI. peregrini: Leistung & Anerkennung von Nichtrömern im römischen Heer
VII. Germanen im römischen Heer - erschreckend effektiv
IIX. cohortes: Taktische Einheiten der römischen Legion
IX. obsidio: Belagerungen in der Antike
X. machinae: Belagerungsgerät der römischen Armee
XI. caedes: Soldaten nach der Schlacht