Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Montag, 30. Mai 2016

Hexameter II – locker gerappt oder systematisch analysiert (Antike Dichtung einfach gesprochen IV)

Aussprache und Betonung, das Schema eines Hexameters, Längen und Kürzen sowie das Zusammenziehen von Vokalen sind bereits in Vorgängerposts erklärt worden. Doch wie entschlüsselt man nun einen Hexameter? Wie gelingt es einem, dieses Schema über den Text zu bekommen? Dazu zuerst die längere analytische Methode für Kopfmenschen, danach für Bauchmenschen die musikalisch intuitive, die beim Distichon noch breiter vertieft werden soll:

Anleitung für Kopfmenschen – systematisch analysiert:
  1. Letzte 2 Silben mit betonter Länge und dem x versehen, erste mit betonter Länge, somit steht das 6. Metrum.
  2. Vorne schon einmal eine betonte Länge in das 1. Metrum setzen.
  3. Alle langen Silben mit einem Längenstrich versehen (wo immer 2 Konsonanten zusammentreffen, den Vokal davor als Länge mitnehmen (=Positionslängen), Naturlängen, Deklinationsendungen und eine Silbe zwischen 2 Längen muss ebenfalls eine Länge sein).
  4. Das 5. Metrum mit „bam bada“ zu versehen ist kaum ein Risiko, spondeische Verse im 5. sind extrem selten (5. + 6. Metrum also „bam ba-da bam ba“: betonte Länge, Doppelkürze, betonte Länge, x [egal ob kurz oder lang]).
  5. Den Rest auffüllen und dabei an Aphäresen und Synaloephen denken (Zusammenziehung von aneinanderstoßenden Vokalen über Wortgrenzen).
  6. Prüfen: Am Ende muss immer das obige Schema herauskommen, 6 Daktylen und 1-2 Pausen für den Hexameter. Lesen zur Kontrolle (soll nicht holpern).
Zu genereller Einführung in Metrik klicke man hier, eine Schritt-für-Schritt-Anleitung folgt unterhalb:

Anleitung für Bauchmenschen – locker gerappt:
  1. Sich einen Rhythmus setzen. Die ausgewählte Musik ist egal, Hauptsache es ist ein regelmäßiger Back-Beat wahrnehmbar.
  2. Die Musik fühlen. Evtl. für den ersten Anfang ein paar bereits analysierte Hexameter-Verse auswendig lernen und hören, wie sie zur ausgesuchten Musik passen.
  3. Auf jeden Back-Beat kommt nun entweder 1 Länge, zwei Kürzen oder eine Pause.
  4. Unbekannte Hexameter-Verse einfach auf die Musik locker losrappen (in Prüfungen leise mit dem Fuß klopfen oder in Gedanken die Melodie vor sich her summen).
  5. Ergebnis intuitiv drüber schreiben.
  6. Nachprüfen (obiges Schema, immer 6 Daktylen und 1-2 Pausen für jeden Hexameter).
Ein Beispiel (bzw. eine Schritt für Schritt Anleitung) gibt es in diesem Video:
Weitere Schritte zum Skandieren antiker Dichtung findet man unter:

Sonntag, 1. Mai 2016

Haartracht und Frisur - Was römische Frauen tragen II (Mode und Körperpflege IV)

Turmfrisur im alten RomJede römische Frau, die etwas auf sich hält, widmet sich einer ausgiebigen Morgentoilette. Sitzt die Kleidung, ist die Frisur dran. Während Männer ihr Haar überwiegend schlicht kurz ungescheitelt in die Stirn gekämmt tragen (→ Hurschmann 1998, Spalte 42), wird bei Frauen auf eine elaborierte Frisur sogar noch mehr Wert gelegt als auf Kleidung und Schmuck, gerade auch in feiner Gesellschaft, denn hier zeigt sich, wer genügend Geld hat, um stundenlang vor dem Frisiertisch sitzen zu können. Es gibt es unzählige Methoden, die Haare anzuordnen, mehr als es Wildtiere in den Alpen, Bienen und Eicheln gibt, so Ovid (→Ov.ars 3,149-152) und täglich kommen neue hinzu – inklusive Ondulieren, Dauerwellen und Tönungen, sogar Echthaarverlängerungen und Extensions (→ Ov.am.1,14; Ov.ars.3,151-152; 133-149). Bis in die späte Republik orientiert man sich an griechischen Haartrachtmodelln, Locken und Unterteilung durch Bänder. In der Prinzipatszeit des Augustus herrscht der nodus vor, zusätzlich findet man aber auch noch weitere Frisuren:
    Zöpfe als Haartracht im alten Rom
  • tutulus: Eine Hoch- bzw. Turmfrisur, die noch aus etruskischen Zeiten stammt. Sie ist relativ einfach und wird überwiegend von den Hausherrinnen getragen (mater familias). Besonders geschätzt wird sie von den Gattinnen der flamines, der (politisch weniger bedeutenden) Priester einzelner Götter innerhalb der pontifices.
  • seni crines: Eine recht aufwändig Frisur mit dem sprechenden Namen je sechs Haare. Hierbei werden evtl. unter Verwendung von Haarverlängerungen (Extensions) sechs Zöpfe vom Scheitel her um den Kopf gelegt. Diese Frisur ist von den jungfräulichen Priesterinnen der Vesta bekannt.
  • nodus & Octavia: Hierzu wird ein Scheitel gezogen, seitlich mehrere (notfalls mit dem Lockenwickelrohr bzw. Ondulierstab oder Brennschere calamistrum) gewellte Strähnen nach hinten gelegt und mit dem restlichen Haar im Nacken zu einem strengen Knoten gebunden. Anschließend wird aus der Mitte wider eine Tolle bzw. ein kleiner Dutt vor der Stirn gezupft (nodus - Knoten). Sieht man ein Porträt der Livia Augusta, könnte man denken, die strenge Staatsmutti, Ehefrau des Augustus und oberste Hüterin von Anstand und Moral diene als Vorbild für diesen ernsten Look. Dutt und strenge Tolle im alten RomDoch Namenspatin ist Octavia (minor), die ältere Schwester des Augustus, Stilikone für Haartracht und Moral ihrer Zeit: Nichteinmischung in Politik und als brave Ehefrau alleiniges Aufgehen in Kindererziehung und Haushalt. Da kann Livia, die nach dem Tod ihres Gatten eine ander Frisur zur Schau stellt, nicht im Ansatz mithalten.